Theresa Steininger ist mit ihrem Unternehmen wohnwagon von Wien aufs Land mitten ins Piestingtal gezogen. Mit dabei: ihre 27 Mitarbeiter und die gesamte Produktion. Wie ist es, wenn man mit seinen Mitarbeitern ein Dorf gründet?
Die Straße wird verschlungener, die Landschaft hügeliger und bewaldeter, immer mehr Schnee bedeckt die Äcker und Wiesen. 75 Kilometer von Wien entfernt liegt Gutenstein, eine beschauliche 1260-Seelen-Gemeinde inmitten weißer Wälder. Ganz in der Nähe schlängelt sich die Piesting durchs Tal. Hierher kommen asthmageplagte Sommerfrischler auf Kur, hier gibt es ein Schloss und eine Burgruine und ein Waldbauernmuseum und eine Wallfahrtskirche. Hier war bis vor drei Jahren der in die Jahre gekommene Gutensteinerhof Dreh- und Angelpunkt des Dorflebens.
Und hier bin nun ich und betrete das schönbrunngelbe Gebäude. Es ist kurz vor Weihnachten. Drinnen riecht es nach Kaffee und nach das Holz im Lehmofen knistert. Daneben steht ein traditionell geschmückter Weihnachtsbaum. Durch eine offene Tür auf der linken Seite blicke ich ins Nebenzimmer, ein paar junge Leute arbeiten an ihren Macs an retroesken Schreibtischen.
Rechter Hand sitzt Theresa Steininger, nicht an ihrem Schreibtisch, sondern auf der gemütlichen Eckbank gegenüber. Ende 2012 gründete sie nach der Business-Idee von Christian Frantal wohnwagon - gemeinsam mit KollegInnen. Damals waren sie eine Agentur, Christian ihr Kunde. 2013 wurden per Crowdfunding auf der Plattform Conda bereits die ersten Wohnwägen produziert. Inzwischen gibt es auch skandinavisch anmutende Mini-Häuser mit eigener Strom- und Wasserversorgung im Portfolio.

Vor zwei Monaten ist Theresa Steininger hierher nach Gutenstein gezogen. Im Gepäck hatte sie ihr gesamtes Unternehmen. Und das bedeutet: 27 Mitarbeiter sind ihr von Wien hierher gefolgt, manche pendelnd, manche mit Sack und Pack und PartnerInnen und Kindern, hinein in die Idylle fernab des urbanen Trubels.
Hier sind sie nun, leben und arbeiten im Gasthaus, einige haben schon Wohnungen ringsum im Ort bezogen. Auch Theresa hat ein ehemaliges Gesindehaus, hinten am Bach bezogen, hinter der Produktionshalle. Die Halle stand da, restauriert, eine ehemalige Nagelfabrik, und schien auf sie und ihr Team zu warten, ebenso wie der verlassene Gutensteinerhof. In der großen Halle werden seit Ende Dezember regulär Wohnwagons produziert.



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Vision: Das Dorf neu gedacht
Im Gutensteinerhof soll es neben dem Büro einen Coworking Space, ein Restaurant, einen Shop und ein Seminarzentrum geben. In einer Nebenhalle will das Team Coworking für Handwerksbetriebe anbieten. Theresa und ihre Mitarbeiter wollen das Landleben auch sozial revolutionieren. Mit Nachbarschaftshilfe, dörflichen Events und einer Belebung der Region. Beim Eröffnungsevent im Gutensteinerhof kamen rund 250 Gäste, viele davon aus der Umgebung. Mit ihrem Team hat sie bereits Brunches und Weihnachtsmärkte organisiert. Doch das ist noch nicht alles, Theresa denkt groß: Mit frischen Ideen soll rund um den Gutensteiner Hof ein autarkes Dorfprojekt entstehen: mit unabhängiger Energieversorgung, der Wiederbelebung von Leerständen und mit zahlreichen Gemeinschaftswohnprojekten. Dafür hat sie die genossenschaftlich organisierte Dorfschmiede gegründet. Schritt für Schritt werden nun Projekte umgesetzt, die zeigen sollen, wie Wohnen am Land in Zukunft aussehen könnte. Über einen Vermögenspool können sich auch Außenstehende an der Immobilie beteiligt - dafür sucht Theresa noch interessierte Investoren. Im Bürgermeister hat sie bereits den perfekten Sparring-Partner gefunden. Er ist ehrgeizig und will aus Gutenstein die nachhaltigste Gemeinde Österreichs machen.
Sie sei hier in der Natur viel geerdeter, ruhiger und konzentrierter geworden, sagt Theresa. Sozialkontakte, sagt sie, habe sie hier zur Genüge. Und frische Luft und klares Wasser und viel Grün. "Wenn ich ins Burgtheater will, setze ich mich 40 Minuten in den Zug", meint sie lapidar und schlürft ihren Kaffee.
Doch wie hat Theresa es geschafft, ihr Team für diese Idee zu begeistern, das urbane Wien gegen die ländliche Idylle zu tauschen? Und das ohne jegliche Kündigungen? Und was bedeutet das für die tägliche Zusammenarbeit, wenn die Kollegen die Nachbarn sind? Und wie haben die Menschen im Ort auf die „Auswärtigen“ reagiert? Das erzählt sie mir auf ihre mitreißende Art im Podcast "Arbeit mal anders".
Zum Unternehmen Wohnwagon: www.wohnwagon.at
Zum genossenschaftlich organisierten Dorfprojekt: www.dorfschmiede.net