Larisa Stanescu arbeitet als Innovationsmanagerin bei der WienIT (©WienIT)

"Wir brauchen mehr Tech-Optimismus in Unternehmen"

Autor: Nicole Thurn
Lesezeit: 
5 Minuten

Female Experts. Machbar, lernbar, zukunftsfähig: Innovationsmanagerin Larisa Stanescu sorgt bei der WienIT für Zusammenarbeit mit Künstlicher Intelligenz und hilft dabei, Ängste vor KI-Technologien abzubauen.

Larisa Stanescu hat ihren Weg als Frau in die Tech-Welt gefunden. Sie ist Innovationsmanagerin bei der WienIT, dem IT-Unternehmen des Wiener Stadtwerke Konzerns und wirbt für mehr "Tech-Optimismus" in Unternehmen. Im Interview erzählt sie von ihrem ungewöhnlichen Karriereweg, der sie vom Marketing in die Welt der Datenanalyse, Innovation und KI geführt hat. Heute hilft sie im Wiener Stadtwerke Konzern, Ängste und Vorbehalte gegen Künstliche Intelligenz (KI) abzubauen und unterstützt sie ihre Kolleg*innen dabei, KI für ihren Arbeitsalltag bestmöglich zu nutzen. Frauen, die an einer Karriere in der Tech-Welt interessiert sind, sich aber noch abschrecken lassen, rät sie: "Ich glaube, es ist wichtig, sich zu trauen, den ersten Schritt zu machen – und sich bewusst zu machen, dass es schaffbar, machbar und erlernbar ist." Auch der Umgang mit Künstlicher Intelligenz.

NewWorkStories: Larisa, du hast Publizistik studiert, hast deine Karriere im Online-Marketing gestartet. Dann bist du in die Datenanalyse gewechselt und arbeitest heute als Innovationsmanagerin bei der WienIT mit Fokus auf Künstliche Intelligenz (KI). Wie kam es zu diesem bunten Wandel in deiner Karriere?

Larisa Stanescu: Ja, mein Weg war tatsächlich nicht klassisch. Nach meinem Publizistik-Studium habe ich in einer Online-Marketing-Agentur begonnen, wo ich viel über die digitale Welt gelernt habe und mich oft mit den Developern ausgetauscht habe. Dort habe ich gemerkt, dass mich technologische Themen sehr faszinieren, insbesondere wie man durch Datenanalyse und -tracking Kampagnen optimieren kann. Parallel dazu war ich ehrenamtlich für TEDxVienna tätig, wo ich mit innovativen Ideen und neuen Technologien in Kontakt kam. Das war der Moment, in dem ich mich in das Thema "Tech-Optimismus" verliebt habe. Die IT ist auch ein spannendes Karrierefeld: der Demand ist da, das Gehalt gut. Einem ITler oder Developer würde nie jemand sagen: „Ich finde, das solltest du so oder so programmieren“. Bei Marketing-Projekten hatten aber alle eine Meinung (lacht).

Was war der ausschlaggebende Punkt für dich, in die IT-Branche, und dann vor allem in den Innovationsbereich zu wechseln?

Der Wendepunkt kam, als ich anfing, für den akademischen Startup-Inkubator Inits zu arbeiten. Dort habe ich Startups in Sachen Online-Marketing beraten und konnte gleichzeitig viel über Innovationen und die Entwicklung neuer Ideen lernen. Die dynamische, offene Startup-Mentalität ist damals quasi auf mich übergeschwappt. Das hat mich motiviert, etwas Größeres bewirken zu wollen – nämlich Innovationen voranzutreiben und Ideen Realität werden zu lassen.

Du hast auch Projekte wie "Girls & Code" ins Leben gerufen, um Frauen den Zugang zur Programmierung zu erleichtern. Was hat dich dazu inspiriert?

Girls & Code entstand zu meiner Zeit bei Inits gemeinsam mit einer Kollegin aus dem Bedürfnis, eine Website für einen Freund zu erstellen –  was gar nicht so einfach war, wie wir dachten. Wir haben uns Tipps aus Web-Foren gehogt und gemerkt, wie oberlehrerhaft Frauen in diesen Foren behandelt wurden. So entstand die Idee, ein Projekt zu gründen, das Frauen in einem geschützten Rahmen unterstützt, Programmieren zu lernen und Fehler als Lernprozess zu verstehen. Wir haben Programmier-Tutorials für Frauen erstellt – mit dem Ziel, sie dabei zu ermutigen, in diese Männerdomäne einzutauchen. Parallel dazu expandierte das slowenische Startup Smart Ninja nach Österreich und wir haben im Rahmen von Smart Ninja Programmierkurse angeboten – für Frauen und Männer. Danach habe ich mich bei einem IT-Unternehmen einer großen Bank als Datenanalystin im Reporting beworben. Ich hatte Glück, es gab nicht viele Bewerber*innen, weil die Position etwas kompliziert beschrieben war. Ich habe ehrlich gesagt kaum etwas davon verstanden, was im Jobinserat stand – habe mich aber davon nicht abschrecken lassen. Eine Freundin arbeitete in dem Unternehmen und hat mich darauf aufmerksam gemacht. Und ich hatte Glück: mein damaliger Chef ließ mich den Job ausprobieren, obwohl ich keine Berufserfahrung hatte.

Das klingt sehr untypisch: Gerade Frauen lassen sich von komplexen Jobinseraten oft abschrecken – und auch von der Tech- und KI-Branche generell. Hast du einen Tipp für Frauen, die Interesse an Tech, IT und KI haben, aber sich nicht so recht rantrauen?

Ich glaube, es ist wichtig, sich zu trauen, den ersten Schritt zu machen – und sich bewusst zu machen, dass es schaffbar, machbar und erlernbar ist. Klar braucht man gewisse Weiterbildung und ein gewisses Frustrationslevel, es ist wichtig, dranzubleiben. Aber letztlich ist das mit allen Skills so – egal ob Programmieren, KI-Skills oder anderes. Besonders wichtig ist, sich selbst und Betroffene immer wieder zu ermutigen. In meinem Werdegang gab es immer Leute um mich herum, die mich gepusht und unterstützt haben, die sagten: „Komm, mach das, bewirb dich einfach!“

Larisa Stanescu nutzt in ihrem Arbeitsalltag den KI-Assistenten Microsoft Copilot (©WienIT)

Heute bist du Innovationsmanagerin bei der Wien IT. Was sind deine Hauptaufgaben in dieser Rolle?

Meine Aufgabe als Innovationsmanagerin besteht darin, neue Technologien und Trends ins Unternehmen zu bringen und diese in konkrete Projekte zu verwandeln. Dazu gehört das Trendscouting in den Bereichen Klima, Digitale Transformation und New Work. Ein wichtiger Teil meiner Arbeit ist es, diese Trends mit Fachleuten aus den jeweiligen Bereichen zu besprechen, um zu evaluieren, ob und wie wir sie umsetzen können. Der größte Teil meines Jobs dreht sich darum, aus Ideen konkrete, umsetzbare Projekte zu machen, die dann in die Linie integriert werden. Ich organisiere seit diesem Jahr auch regelmäßig interne Events, die sogenannten InnoTalks. Das ist ein niederschwelliges Online-Format, in dem wir laufende und kürzlich abgeschlossene Innovationsprojekte präsentieren. Wir haben im Konzern auch den Zukunftsfonds, ein internes Förderinstrument: MitarbeiterInnen können dort ihre Projektideen einreichen, die dann ausgewählt finanziert werden.

Du hast auch betont, wie wichtig Upskilling und Weiterbildung im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) sind. Wie geht ihr das bei der WienIT an?

Wir haben festgestellt, dass es nicht mehr ausreicht, einfach nur über KI zu sprechen. Wir müssen die Mitarbeitenden aktiv mit ins Boot holen. Deshalb haben wir in Zusammenarbeit mit dem Change and Adoption Team ein Pilotprojekt organisiert, in dem wir den Mehrwert und die Anwendungsmöglichkeiten von Microsoft Copilot überprüfen. Wir haben Early Adopters – unter anderem aus den Bereichen Marketing, Legal, Customer Support, Operations und der IT – angeworben, die generative KI-Tools testen, um herauszufinden, wie sie in ihren spezifischen Jobprofilen am besten eingesetzt werden können. Daraus verfassen wir Business Cases um zu sehen, was Copilot tatsächlich für unterschiedliche Berufsbereiche bringt. Dazu haben wir auch Schulungen für die Mitarbeiter*innen organisiert, damit sie die Do’s and Don’ts lernen – also beispielsweise, wie man promptet, damit man die erwünschten Ergebnisse erhält. Der Bedarf ist in den Tochter-Unternehmen und verschiedenen Berufsgruppen des Wiener Stadtwerke Konzerns aber recht unterschiedlich. Wir sitzen als WienIT an der Quelle, aber auch die Wiener Linien, die Wien Energie und die Wiener Netze haben große Digitalisierungsinitiativen.

Wie nutzt du selbst KI in deinem Job – vielleicht auch für mehr Kreativität und Innovation?

Ich nutze Copilot als persönlichen Assistenten, wenn ich Präsentationsfolien und Texte zusammenfassen muss. Oder um das „Blank Page“-Syndrom zu vermeiden und vor dem weißen Papier ohne Ideen  zu sitzen, nutze ich Copilot ebenfalls. Die Ergebnisse sind aber meist sehr generisch. Es hilft mehr als Startpunkt, um dann selbst weitere Ideen zu sammeln.

Viele Menschen haben Ängste, dass KI ihre Jobs ersetzen könnte. Wie gehst du mit diesen Sorgen im Unternehmen um?

Diese Ängste sind sehr verständlich und wir nehmen sie ernst. Unsere MitarbeiterInnen machen sich Sorgen um Datenschutz bzw. Datensicherheit, eine zweite große Angst bezieht sich auf mögliche Jobverluste durch KI. Ich sehe KI jedoch als ein Werkzeug, und nicht als Bedrohung. KI kann uns dabei helfen, effizienter zu arbeiten, schneller und präziser zu agieren, ohne dabei den Menschen zu ersetzen. Studien zeigen auch, dass sich Jobprofile verändern, dass aber eher Aufgaben durch andere ersetzt werden als Menschen durch KI. Im Gegenteil: KI kann uns dabei helfen, wichtige unternehmerische Ziele wie die Klimaneutralität zu erreichen. Allein bis 2025 werden im Wiener Stadtwerke-Konzern 3000, in den nächsten zehn Jahren insgesamt rund 5000 MitarbeiterInnen in Pension gehen – hier werden wir KI dringend benötigen, um das Arbeitspensum zu schaffen.


Mit der "Female Experts"- Serie begleite ich Expertinnen in die Sichtbarkeit. Teil davon ist eine kostenpflichtige Positionierungsberatung. Du bist Expertin für Neues Arbeiten oder Digitalisierung/KI? Dann buch bei mir einen virtuellen Kaffee:


Wie siehst du die Rolle von KI und menschlicher Kreativität in der Arbeitswelt der Zukunft?

KI und menschliche Kreativität können wunderbar Hand in Hand gehen. KI kann uns helfen, neue Ideen zu generieren, unsere Gedanken zu ordnen und Routineaufgaben schneller zu erledigen. Sie ersetzt jedoch nicht unsere Fähigkeit, kreative Lösungen zu entwickeln und vor allem diese in der Praxis zu überprüfen. Im Gegenteil, ich glaube, dass KI uns inspirieren kann, neue Wege zu gehen und Dinge anders zu sehen. Der Schlüssel liegt darin, KI als Werkzeug zu nutzen, das uns unterstützt, anstatt uns zu kontrollieren.

Welchen Tipp möchtest du Frauen geben, die in den Tech-Bereich einsteigen möchten?

Mein wichtigster Rat wäre: Traut euch, den ersten Schritt zu machen, und bleibt dran! Es geht nicht nur darum, mutig zu sein, sondern auch darum, geduldig zu bleiben und sich selbst die Zeit zu geben, Dinge zu lernen und zu verstehen. In meinem Fall waren es immer wieder Menschen um mich herum, die mich ermutigt haben, weiterzumachen. Diese Unterstützung ist enorm wichtig, besonders in Bereichen, die einem vielleicht nicht sofort liegen. Besonders wichtig ist das spielerische Ausprobieren – ich bin mit IT damals spielerisch in Berührung gekommen und habe mir damit auch Zeit gelassen. Und denkt daran: Programmieren ist ein Skill, den jeder lernen kann, wenn sie oder er dran bleibt. Wenn etwas nicht funktioniert, dann besser nicht den Laptop zuklappen und wegrennen – sondern andere Leute fragen und versuchen, andere Lösungswege zu finden.

Info: WienIT ist der zentrale IT & Business Partner der Wiener Stadtwerke-Gruppe, zu ihren Kunden zählen die Konzernunternehmen wie Wiener Linien, Wiener Lokalbahnen, Wiener Netze, Wien Energie, Bestattung & Friedhöfe, immOH!, GSWG, WIPARK und Upstream Mobility. Die Leistungen von WienIT reichen von IT-Services, über technische Personalprozesse bis hin zu Media Planung und Delivery & Output Services. Der Konzern umfasst beschäftigt rund 17.000 Mitarbeitende. Mehr Informationen unter www.wienit.at.

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