Yvonne Poul bringt mit ihrer Beratung „aufblühen“ Frauen in ihre Führungs-Kraft. In ihren Trainings und Coachings setzt die passionierte Blumengärtnerin auf Positive Leadership und Female Empowerment.
Blumen haben Yvonne Poul schon seit ihrer Jugend begleitet. Ihren ersten Jugendtraum, Floristin zu werden, lebte sie als Hobby aus. Ihr beruflicher Weg führte sie in die IT-Branche bis in die Führungsposition als Prokuristin und Geschäftsleiterin. Als Frau in der Männerdomäne sei sie „über die Jahre schon sehr hart geworden“, erzählt sie im Interview. Sie navigierte das Unternehmen durch den ersten Lockdown – und musste dabei private Schicksalsschläge verarbeiten: Ihr Vater hatte einen schweren Herzinfarkt erlitten, von dem er sich langsam erholte, ihre Mutter verstarb nach langer schwerer Krankheit. „Ich funktionierte einfach nur noch. Bis ich eine Panikattacke bekam“, erzählt sie. Yvonne kündigte ihren gutdotierten Job und beschloss, nicht nur Blumen, sondern auch Menschen beim „aufblühen“ zu begleiten. Im Interview erzählt die Wienerin, wie Frauen in ihr ureigenes „Female Leadership“ kommen können und ihre Potenziale auch entgegen Widerstände voll ausschöpfen – ganz ohne dabei die Ritterrüstung anlegen zu müssen, wie sie sagt.
New Work Stories: Yvonne, du begleitest mit deiner Beratung „aufblühen“ Teams und besonders Frauen in Führungspositionen. Deine Webseite zeigt dich mit Blumen. Wie bist du zu diesem Namen gekommen – und warum?
Yvonne Poul: 2016 bin ich alleine durch Bolivien gereist und wollte nicht ständig auf Spanisch erklären, dass ich Führungskraft in einem IT-Unternehmen war. Also habe ich mich ein Stück weit neu erfunden und den Menschen erzählt, dass ich einen Blumenladen besitze –ein Jugendtraum von mir. Auf meiner zweiten Reise durch Südamerika habe ich den Instagram-Kanal „aufblühen“ mit meinen Blumen-Arrangements gegründet. Heute begleite ich Organisationen beim Entfalten und Nutzen ihrer Potenziale und Ressourcen. Und ich begleite Frauen dabei, als mutige und authentische Leaderinnen in ihre Führungs-Kraft zu kommen. Es geht also auch hier ums Aufblühen. Somit sind die Blumen und meine heutige Arbeit immer noch stark verwoben.
Mit welchen Herausforderungen kommen die Frauen zu dir, und wie hilfst du ihnen, ihr Potenzial zu entfalten?
Viele meiner Klientinnen sind in Führungspositionen oder stehen kurz davor. Sie sind ehrgeizig, wollen etwas bewegen – doch häufig stehen sie an und ihnen fehlt eine klare Vision. Andere haben ihre Stimme noch nicht gefunden, wissen nicht genau, was ihre größte Stärke ist und verlieren Energie auf zu vielen Baustellen. Dann gibt es diejenigen, die sich ausgebrannt fühlen, weil sie ständig versuchen, die Erwartungen von anderen zu erfüllen und trotzdem nicht sichtbar sind. Hier setze ich an, indem ich mit ihnen gemeinsam den Raum für ihre Selbstwahrnehmung und innere Klarheit schaffe.
Mit welchen Methoden und Ansätzen arbeitest du dabei?
Ich starte gerne mit dem Golden Circle von Simon Sinek – ein Kompass für herausfordernde Zeiten: Zuerst geht es darum, das „Wofür“ zu verstehen: Warum möchte ich führen? Was treibt mich an? Beim „Wie“ geht es um die Werte und Stärken der Frauen. Das „Was“ beschreibt die konkreten Schritte, um die Vision umzusetzen. Als werteorientierte systemische Coachin ermutige ich die Frauen auch, ihr Umfeld und die Organisation bewusst zu reflektieren und einen Platz zu finden, der sie in ihrer Kraft stärkt, statt sie zu bremsen. Ich arbeite auch viel mit dem wissenschaftlich fundierten Ansatz des Positive Leadership und der Methode PERMA-Lead. Oft wird in Unternehmen darauf geachtet, Schwächen und Defizite zu beheben. Das führt selten zu nachhaltigem Wachstum. Mit Positive Leadership arbeiten wir gezielt an den vorhandenen Stärken, um sie von einer guten zur exzellenten Qualität zu bringen. Es geht nicht darum, das Negative auszublenden, sondern dem Positiven mehr Raum zu geben.
Du hast die Erwartungen angesprochen, die an Frauen in Führungsrollen gestellt werden. Wie unterscheidet sich die Situation für Frauen von der ihrer männlichen Kollegen?
Frauen sehen sich nach wie vor mit spezifischen Herausforderungen und Vorurteilen konfrontiert. Wenn sie klar und direkt kommunizieren, gelten sie oft als zu fordernd oder „bossy“. Bringen sie Emotionen ein, heißt es, sie seien zu empfindlich oder zu harmoniebedürftig. Oft kommt auch ambivalentes Feedback. Zu mir sagten die IT-Kollegen oft wenn ich klar und direkt kommuniziert habe: „Jetzt holt sie die Peitsche raus.“ Mein Chef dagegen attestierte mir, dass ich zu harmoniesüchtig war. Erst später habe ich das als meine Stärken erkannt: ich kann direkt und klar sein – mit dem Ziel, Konsens zu finden. Solche Zuschreibungen führen zu Verunsicherung– es ist dann eine große Herausforderung für die Frauen, den Mut zu haben, sie selbst zu sein und kein „Copy-Paste“ ihrer männlichen Vorgesetzten. In solchen Situationen helfe ich ihnen, auf ihre eigenen Werte zu vertrauen und sich auf das zu konzentrieren, was sie selbst ausmacht. Diese Klarheit macht sie weniger angreifbar und gibt ihnen die nötige Standfestigkeit, auch gegen Widerstände im Umfeld.
Was rätst du Frauen, die mit solchen Urteilen konfrontiert sind: Sollten sie es ansprechen oder lieber „drüberstehen“?
Definitiv ansprechen. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass viele dieser Zuschreibungen oft unbewusst passieren. Ich habe einmal mit anderen Frauen ein Event organisiert, und der Veranstalter bedankte sich mit „Danke Mädels, für die Organisation“. Ich habe ihn unter vier Augen darauf angesprochen, dass diese Sprache nicht geht. Er hat sich sichtlich getroffen entschuldigt – es war ihm einfach nicht bewusst gewesen. Wichtig ist, zu erkennen: Sprache schafft Realität.

Mit der "Female Experts"- Serie begleite ich Expertinnen in die Sichtbarkeit. Teil davon ist eine kostenpflichtige Positionierungsberatung. Du bist Expertin für Neues Arbeiten oder Digitalisierung/KI? Dann buch bei mir einen virtuellen Kaffee:
Du hast selbst als Führungskraft in der IT-Branche gearbeitet. Wie hast du diese Zeit in einem so männerdominierten Umfeld erlebt?
Zu Beginn meiner Karriere habe ich mich oft alleine gefühlt. Ich bin wie viele andere ohne Leadership-Ausbildung ins kalte Wasser gestoßen worden, habe mich selbst oft verbogen und versucht, den Erwartungen der Männerwelt zu entsprechen – sei es durch Charme, Süßigkeiten oder andere Strategien. Ich habe mir meine Karriere mit durchgearbeiteten Nächten und vielen Tränen erarbeitet und bin über die Jahre in der männerdominierten Branche schon auch sehr hart geworden. Irgendwann ist mir klar geworden, dass diese Anpassung für meine persönliche Entwicklung keinen langfristigen Wert hat.
Der Spruch „The Future is Female“ ist populär: „Weibliches“ Führen wird als modern propagiert. Was rätst du den Leaderinnen – sollten sie sich weniger anpassen?
Ich finde, Frauen können hier durchaus Role Models für die Männer sein: sie bringen oft einen empathischen, kooperativen und klaren Ansatz mit, der in vielen Führungsetagen noch zu wenig vertreten ist. Diese Stärken sollten sie ausspielen – selbst wenn sie als „anders“ wahrgenommen werden. Eine Blume vergleicht sich nicht mit den anderen Blumen, sie steht in ihrer vollen Schönheit und Blüte – egal, wie die Blumen um sie herum aussehen. Mit dieser Haltung kann eine wunderschöne Vielfalt entstehen, eine bunte „Wiese“ sozusagen. Und die dringend notwendige Diversität in unserer Business-Welt lebt schließlich davon, dass jeder und jede die eigene Sichtweise einbringen kann.
Du setzt dich in deiner Arbeit und deinen Workshops auch sehr intensiv mit der weiblichen Energie auseinander. Wie können Frauen sich stärker mit ihrer inneren Kraft verbinden?
Viele Frauen verlieren sich im Alltag und im „Funktionieren“, haben Schwierigkeiten, sich selbst noch zu spüren. Deshalb ist es so wichtig, Methoden zu finden, die uns wieder „andocken“ lassen – an unsere kreative Energie, unsere Intuition und unsere Kraft.Mir hilft die Blumen- und Gartenarbeit dabei, wieder in den Körper zu kommen. Ich ermutige die Frauen auch in meinen Programmen, sich auf kreative oder körperliche Weise mit sich selbst zu verbinden – sei es durch Bewegung, Musik oder eine bewusste Pause. Dazu haben wir mit unserem Verein MADITA den Circle of Joy – sisters for sisters gegründet: dort kommen Frauen zusammen, um ihre Stimme zu erheben, gemeinsam zu singen und die Kraft der Gemeinschaft zu spüren – in einer Welt, die uns eher zum Einzelkämpfertum verleitet.
Warum ist es gerade für Frauen immer noch so wichtig, diese Gemeinschaft zu stärken?
Frauen haben in der Geschichte immer wieder als Bedrohung gegolten, wenn sie sich zusammengetan haben – denken wir an die Hexenverfolgung oder an Vorstellungen von „bösen“ Frauenkreisen. Die Sorge vor einer starken weiblichen Gemeinschaft war in früheren Zeiten gesellschaftlich tief verankert, und das wirkt teilweise bis heute nach. Deshalb möchten wir mit unseren Projekten eine positive, kraftvolle Gemeinschaft der Frauen schaffen, die sie unterstützt und bestärkt. Zusammen können wir viel mehr erreichen. Dabei ist unser Leitsatz: #wirhörennichtauf.
Welchen Tipp hast du für Frauen in Führung abschließend?
Bleibt euch selbst treu, erkennt eure innere Führungs-Stärke und lebt sie. Lasst euch nicht verbiegen von äußeren Erwartungen oder Klischees darüber, wie Führung sein sollte. Baut auf eure Werte und Stärken auf und umgebt euch mit Menschen, die euch unterstützen und bestärken. Und vergesst nicht, dass Führung auch bedeutet, verletzlich zu sein und Unterstützung anzunehmen. Niemand muss alles alleine schaffen. Das ist keine Schwäche, sondern wahre Stärke.
Blüh- und Erntehelferin: Yvonne Poul
Nach mehr als zehn Jahren Erfahrung als Führungskraft und Prokuristin u.a. in der IT-Branche hat Yvonne Poul den Samen für ihr eigenes Business gesät. Mit erlebnisorientierten Trainings, Coachings und Retreats bringt die Positive Leadership Coach und Organisationsentwicklerin Führungskräfte und Teams zum „Aufblühen“. Mit Gina Eitelbös betreibt Yvonne den Verein MADITA, der Frauen weltweit am Weltfrauentag mit dem Event Circle of Joy – sisters for sisters wortwörtlich eine Stimme verleiht und für Frauen und Mädchen in herausfordernden Lebenslagen empowernde Bildungsprojekte anbietet.
Mehr Infos findest du hier: www.yvonnepoul.at und Madita.org