Das erste New Work Stories Meetup "Sinn statt Status - auf der Suche nach dem Glück im Job" war ein voller Erfolg: mehr Gäste als erwartet, viele persönliche Geschichten unserer beiden Speaker und aus dem Publikum sorgten für Inspiration.






























Wir waren überwältigt. Trotz des Schneegestöbers vor der Tür hatten es von 35 fix angemeldeten Teilnehmern 47 (!) in den Underground der schicken Galerie Hübner gleich hinter der TU Wien geschafft, zu uns zu kommen. Ich hatte mir bereits im November überlegt, endlich meine eigene Veranstaltung zu organisieren. Die Idee: persönliche Geschichten zum Thema Sinn und Arbeit mit inspirierenden Talkgästen. Denn angeblich hat jeder vierte Arbeitnehmer innerlich gekündigt. So viele Menschen sind nicht zufrieden oder sogar unglücklich in ihren Jobs. So viele jammern, sind frustriert, werden krank und ändern nichts. Aber dann gibt es jene, die es doch tun - die den Schritt wagen, den Job hinschmeißen oder sich nebenbei etwas Neues aufbauen oder sich selbst gar neu erfinden. Warum schaffen diese Menschen, was so viele nicht können? Und wie haben sie die ersten Schritte zur Veränderung umgesetzt, welche Philosophie, welche Motivation treibt sie an?
Als ich mir diese Fragen stellte, fielen mir zwei liebe Bekannte ein, die perfekt in das Format passten: Peter Alexander Hackmair hatte ich im vergangenen Herbst erstmals getroffen und interviewt. Er lebte vor ein paar Jahren noch seinen Buben-Traum als Profi-Fußballer. Heute ist er nicht nur ORF-Fußballkommentator, sondern hilft auch als Buchautor, Vortragender und Trainer Menschen dabei, ihre Träume zu leben.
Radtrip zu Serendipity ...
Julia Andorfer habe ich vor eineinhalb Jahren auf einer Konferenz kennengelernt. Die 29-Jährige hatte damals gerade ihren gut dotierten Job in einer renommierten Personalberatung hingeschmissen, sich in Hamburg auf ihr geliebtes Fahrrad gesetzt und war nach Wien geradelt. In ihrem an sich spannenden Job hatte sie irgendwann gemerkt, "dass irgendetwas nicht stimmt, ich hatte das Gefühl, ich konnte mich nicht so verwirklichen. Ich fühlte mich reduziert auf eine Sache und bin aber viel vielfältiger." Sie hatte bereits das psychotherapeutische Propädeutikum nebenher begonnen, um mehr mit Menschen arbeiten zu können.
Bevor sie kündigte, hatte sie gelernt, auf ihre innere Stimme zu vertrauen. Mit dem Fahrrad verband sie Freiheit und Flexibilität. So kam sie auf die Idee, im Juli 2016 von Hamburg nach Wien zu radeln - in 12 Tagen 1228 Kilometer. "Ich wollte nicht nach der Kündigung in meiner Wohnung in Wien aufwachen und nicht wissen, wie es weitergeht", erzählt sie im Talk.
Auf ihrem Radtrip fand Julia nicht, was sie gesucht hatte - "nämlich den Geistesblitz, was ich mit meinem Leben anfangen will". Sie hatte stattdessen eine viel tiefere Erkenntnis: "Ich war immer sehr strukturiert und habe viel geplant. Plötzlich war es ein tolles Gefühl, auf dem Weg zu sein. Es gab so viel Neues, Spannendes, Ungeplantes. ich habe Dinge erlebt, mit denen ich nie gerechnet hätte." Vertrauensvoll im Augenblick sein, von Plänen auch mal abzuweichen und viele glückliche Fügungen brachten sie auf ihr heutiges Lebensmotto und ihre neue Lebenseinstellung: Serendipity. Sich für den glücklichen Zufall, die Fügungen, dem Ungeplanten zu öffnen und im Vertrauen zu bleiben, dass man auf den "richtigen Weg" kommt. Mit ihrem Radtrip startete sie eine Reise zu sich selbst: "Sie brachte mich zu den verschiedenen Puzzleteilen - zu meiner Yogaausbildung auf Bali, zu vielen Begegnungen mit Menschen."
Der zweite Lebenstraum
Die innere Stimme war auch bei Peter Alexander Hackmair, 30, irgendwann so laut geworden, dass er nicht mehr weghören konnte. Sein bisheriges Leben zeigt, dass man nicht nur einen Lebenstraum haben muss. Er hatte schon früh seinen Bubentraum gelebt. Im Alter von fünf hatte er mit Fußball begonnen, mit acht sagte er zu seiner Mutter: "Mama, irgendwann werde ich mit Fußball deine Rechnungen bezahlen." Mit 12 kam er zum SV Ried und ins Internat, mit 18 unterschrieb er dort einen Profivertrag, wechselte mit 24 zu Wacker Innsbruck, wo er noch ein Jahr spielte. Heute beschäftigt er sich mit den Träumen der Menschen. "Nicht jeder, der träumt, hat den Mut, diesen Weg auch zu gehen", meint er.
In vier Jahren Profi-Fußball hatte er vier schwere Verletzungen erlitten, "mit jeder habe ich mehr gespürt, da gibt es noch mehr. Mit jedem Jahr habe ich mich mehr von meinem Kindheitstraum entfernt." Es gab einen Moment in der Spielerkabine, als er diesen Zwiespalt realisierte: "Einerseits: Ich will raus aus dieser Kabine, so geht es nicht mehr weiter. Andererseits war da Riesenangst, ich wusste noch nicht, was das Neue sein soll. Ich hatte mein gesamtes Leben auf den Fußball ausgerichtet." Gefühlte 95 Prozent seiner Freunde waren entsetzt über seine Entscheidung, auch er bekam immer wieder Zweifel - "so einen tollen Vertrag aufzugeben, war schon schwierig. Und ich hatte es genossen, in der Öffentlichkeit zu stehen. Plötzlich war da nichts mehr."
Mit seiner damaligen Freundin begab er sich auf Weltreise. 11 Länder in 459 Tagen.
"Reisen ist eine gute Möglichkeit, um sich selbst zu verlieren und sich selbst dann auch wiederzufinden", sagt Peter. "Ich durfte mich auf Reisen auch selbst neu entdecken: Ich hab dort das Schreiben für mich entdeckt, die Zeit für mich selbst und so viele spannende Menschen kennengelernt." Das Ergebnis war sein erstes Buch "Freigereist".
Inzwischen hat er nach "Träume verändern" soeben sein drittes Buch fertiggestellt.
Auf den Reisen hatte er es irgendwann satt, nur Small Talk zu führen. "Ich habe begonnen, Fremden die Frage zu stellen: Was ist dein Traum? Und die menschen erzählten mir persönliche, berührende Lebensgeschichten."
Basierend auf dieser Frage beschäftigt er sich heute mit Lebensträumen. "Gerade in meinem engeren Umfeld leben nur ganz wenige ihre Träume oder versuchen es zumindest. Dabei sollte es das Natürlichste sein, dass wir das beste Leben für uns leben." Mittlerweile bietet er Workshops und Vorträge zum Thema "Träum weiter" an.
Beide sehen ihre heutigen Tätigkeiten heute als viel sinnvoller als die früheren an, weil sie (noch) mehr ihren Potenzialen entsprechen. Statt dem Status - ein dickes Auto, eine tolle Wohnung - zähle ein gutes Leben: "sich selbst treu zu bleiben", sind sich beide einig. Natürlich gehöre aber auch dazu, finanziell gut über die Runden zu kommen.
Nach dem Einführungstalk konnten die Gäste Fragen stellen, die Beteiligung des Publikums war überwältigend. Einige erzählten von sich und ihren Erfahrungen: die passionierte Balletttänzerin, die nach einer Verletzung ihren Traum aufgeben musste, Mathematik studierte und heute Statistikerin ist. Der Mathelehrer, der sich keinen besseren Job vorstellen kann. Ein Visionär, der eine Crowdfunding-Plattform für Lebensträume umsetzen will. Die Sinnfrage würde im Arbeitsleben heute viel stärker gestellt, bestätigte ein Unternehmensberater: Das würden auch Unternehmen zunehmend erkennen. Die Auseinandersetzung mit dem "Warum" sei essentiell für die neue Arbeitswelt.
Julia und Peter gaben dem Publikum zum Schluss einige Gedanken mit, dich hier zusammenfassen will:
"Lebe deinen Traum, du hast nur ein Leben."
"Besinne dich auf deine innere Stimme, höre auf deine Impulse."
"Vertraue darauf, dass vieles sich ergibt. Und sei offen dafür."
"Nimm dich und deine Bedürfnisse ernst."
INFO: Wegen der überwältigenden Resonanz ist schon das nächste New Work Stories Meetup in Planung. Das Thema ist noch offen, angedacht sind: Manager, die sich selbst abschaffen. GründerInnen, die die Welt verändern. Einfache MitarbeiterInnen, die in ihrem Unternehmen etwas zum Besseren verändert haben. Oder brennt euch etwas unter den Nägeln? Schreibt mir eure Ideen an nicole@newworkstories.com.
Tags: Sinnsucher, Sinnfinder, Jobwechsel, Aussteiger, Karriere