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Wie "Movers and Makers" die Kreativbranche von Zeit gegen Geld befreit

Autor: Nicole Thurn
Lesezeit: 
5 Minuten

(Bezahlte Kooperation) Weniger Arbeit, mehr Zeit, bessere Ergebnisse und das Ende des Bittstellertums: Max Antosch von „Movers and Makers“ bringt den Lean Startup Ansatz zu Freelancern und Agenturen. 

Max Antosch (li.) und sein Team von "Movers and Makers" (© Movers and Makers)
Max Antosch (li.) und sein Team von "Movers and Makers" (© Movers and Makers)

Wieviel ist meine Leistung wert? Das fragen sich gerade im Kreativ- und Coachingbereich für Freelancer und Agenturen, denn hier gibt es zwar Richtwerte, aber große Unterschiede in der Branche. Also lieber 120 Euro pro Stunde, 90 Euro pro Stunde oder doch lieber 260? Das ist die falsche Frage, wenn es nach Max Antosch geht. Er ist mit seiner Beratung Movers and Makers angetreten, um die Zeit-gegen-Geld-Maxime des 20. Jahrhunderts zu durchbrechen. Viel zu viele Dienstleister*innen würden dem Geld hinterherhecheln, dabei viel wertvolle Zeit in Kundengewinnung und Projektumsetzung investieren und immer wieder für jeden Auftrag von vorne beginnen. „Zeit gegen Geld zu tauschen, bringt einen irgendwann ans Limit: man kann nur einen gewissen Betrag im Monat erwirtschaften oder arbeitet sich kaputt“, sagt Max. Stattdessen sei es für alle Beteiligten besser: „Deutlich mehr Kund*innen als bisher echten Mehrwert und Ergebnisse zu liefern – und das bei gleichem oder weniger Zeitaufwand.“

Max hat bei Startups gelernt, dass Zeit gegen Geld zu tauschen dem viel zitierten „Growth Mindset“ zuwiderläuft. Und er hat den Lean Startup Ansatz kennengelernt, der besagt: Wer wachsen will, muss skalieren können. Der Fokus liegt auf dem Kunden. Und: Prototypen aus eigenen Produkten bauen und rasch an der Kundenzielgruppe testen und in iterativen Schleifen immer wieder adaptieren führt garantiert zum Erfolg. Max hat die Sportabo-Plattform Eversports von anfangs zehn auf 60 Mitarbeitende mit aufgebaut – samt interner Business-Academy für die Eversports-Kund*innen, "damals habe ich begonnen, sie zu Lean Startup Modellen zu beraten", erzählt er. Von Eversports wechselte er selbst in die Berater-Selbstständigkeit, er wurde Mentor und Berater für Startups im Bereich skalierbare Geschäftsmodelle. Schließlich kamen auch immer mehr Menschen aus der Freelancer- und Kreativbranche auf ihn zu. Gleichzeitig bemerkte er, wie er selbst in seiner Arbeit an seine Grenzen stieß: „Damals habe ich meine eigene Dienstleistung nicht skaliert, habe viel individuell für meine Kunden gemacht und alles hing an meiner Person. Damit kam ich selbst an die Grenze, was mein Einkommen und meine freie Zeit betrifft: ich kam locker auf 70 Stunden Arbeit pro Woche ,“ erzählt er. Dann kam der Gedanke, der alles verändern sollte: „Ich habe mich doch nicht selbstständig gemacht, um zu arbeiten als wäre ich angestellt.“ Er beschloss also, den Gedanken der Skalierbarkeit von Dienstleistungen auch bei sich selbst anzuwenden – „und dasselbe ist für alle  Berater*innen und Kreativen möglich“, sagt er. Max gründete  Movers and Makers im Jahr 2021 – inzwischen sind sie zu dritt und in ein größeres Büro umgesiedelt.

„Ich habe mich doch nicht selbstständig gemacht, um zu arbeiten als wäre ich angestellt.“

Max Antosch, CEO von "Movers and Makers"

Wert schöpfen statt Zeit verschwenden

Sich vom "Zeit gegen Geld" Schema des 20. Jahrhunderts zu verabschieden, mache gerade bei Kreativdienstleistungen Sinn, sagt Max. Das bedeutet, von zeitbasiertem auf wertbasiertes Einkommen umsteigen – also die eigene Leistung nicht mehr in Stunden zu verrechnen, sondern in größeren Leistungspaketen zum Pauschalpreis. Allerdings reicht das noch nicht, denn: „Auch hier ist man irgendwann am Leistungslimit: man kann schlecht allein 20 Webseiten im Monat bauen“, sagt er. Hilfreicher ist der Lean Startup Ansatz, der noch weitergeht: „Es sind zwei Schritte, erstens: ich muss mein Know-how in mein Kernangebot  gießen. Wenn ich weiß, dass das Ding nach einigen Iterationen, also Testschleifen, funktioniert und ich es immer wieder verkaufe, kann ich beginnen, die Umsetzung nach und nach an mein Team und auch an den Kunden selbst abzugeben.“ Was bedeutet: man wird vom Umsetzer zum Experten, der die Führung des Prozesses übernimmt. 

Wie das aussehen könnte? „Die Leistung kann zum Teil automatisiert und auf den Kunden ausgelagert werden – mit Videoanleitungen oder Worksheets, die der Kunde selbst bearbeitet. Wichtig ist, dass aus dem 1:1-Angeboten auch 1:N-Angebote werden können – d.h. man kann eigene Kunden-Communities aufbauen und sie teilweise in Einzel-, aber auch in Gruppen-Sessions beraten“, erläutert Max. Die Teilautomatisierung ihrer Services haben Max und sein Team von Movers and Makers inzwischen auch selbst umgesetzt – so kann Max Dutzende Kund*innen statt nur einer Handvoll servicieren. „Der – vor allem administrative – Zeitaufwand pro Kunde lässt sich deutlich verringern, die Kund*innen haben mehr Austausch und kontinuierliche, hochwertige Begleitung und man selbst eine klare Struktur und einen roten Faden für das eigene Business“, so Max Antosch. Auch hier gleicht kein Klient dem anderen: Manche Klient*innen wollen lieber ihre Leistung in ein komplettes Trainingsangebot verpacken, andere wollen Teile davon für die Kundschaft selbst umsetzen - etwa Texte für sie verfassen. “Wir verhelfen unseren Klient*innen zu mehr Klarheit, welches Kernangebot für sie am besten passt”, so Max. Er nennt das auch “das hybride Liefermodell für Kundenergebnisse”.

Dabei betont er: „Unser Ansatz ist kundenzentriert und nicht leistungszentriert. Wir wollen nicht einfach nur um jeden Preis verkaufen und auch nicht einfach nur auf den Markt reagieren. Wir wollen die idealen Kund*innen identifizieren und ihnen bei der Lösung ihres Problems helfen.“

Erste Mission: Finde den idealen Kunden

Die Skalierung des Kernangebots geht allerdings nur auf, wenn die Zielgruppe möglichst spitz und homogen ist. Hier empfiehlt Max die Beantwortung folgender Fragen, um die idealen Zielkund*innen zu entdecken: „Erstens: Auf welche Kund*innen hast du am meisten Lust? Zweitens: Wem kannst du mit deinem Angebot am besten helfen? Drittens: Welche Gruppe kannst du am besten erreichen? Viertens: Wie zahlungskräftig ist diese Zielgruppe?“ Die Homogenität der Zielgruppe sei besonders wichtig: „Daher braucht es auch einen klaren Vertriebsprozess um rauszufinden, ob der Kunde tatsächlich zum Kernangebot passt.“ Bei Max lernt man, wie man Schritt für Schritt mit Erst- und Verkaufsgespräch die richtigen Kund*innen identifiziert. Denn: „Unser Ansatz ist kundenzentriert und nicht leistungszentriert. Wir wollen nicht einfach nur um jeden Preis verkaufen und auch nicht einfach nur auf den Markt reagieren. Wir wollen die idealen Kund*innen identifizieren und ihnen bei der Lösung ihres Problems helfen.“ Max lässt seine Klient*innen laufend potenzielle Kund*innen befragen, damit sie ihre Zielgruppe besser kennenlernen und so ihr Kernangebot laufend adaptieren können. Max rät auch dazu, das eigene Kernangebot einfach zu halten: „Viele machen den Fehler, zuviel in ihr Angebotspaket reinzupacken und überfordern ihre Kund*innen damit. Besser ist ein kleineres Angebot, das den Kund*innen sofort einen ersten Erfolg liefert.“

„Du hörst auf Bittsteller und Befehlsempfänger deiner Kund*innen zu sein – und wirst zum Experten und Partner, der seinen Kund*innen wertvolle Ergebnisse liefert und sie durch den Prozess führt. Dieser Sprung im Mindset fällt vielen anfangs schwer.“ 

Max Antosch , CEO von "Movers and Makers"

Vom Bittsteller zum Experten

Besonders wichtig sei neben dem kundenzentrierten Kernangebot, ein neues Mindset zur eigenen Rolle zu entwickeln. Seinen Klient*innen bläut er ein: „Du hörst auf Bittsteller und Befehlsempfänger deiner Kund*innen zu sein – und wirst zum Experten und Partner, der seinen Kund*innen wertvolle Ergebnisse liefert und sie durch den Prozess führt. Dieser Sprung im Mindset fällt vielen anfangs schwer.“ 

Auch bei der Kunden-Akquise setzt Max auf ein klar strukturiertes und wiederholbares System– ohne marktschreierische Selbstbeweihräucherung oder nervige copygepastete Sales-Nachrichten auf Social Media: „Wichtig ist auch hier die Kundenzentrierung: setze dich mit dem Bedarf deiner potenziellen Kunden auseinander, baue eine wertschätzende Beziehung auf und falle nicht mit der Tür ins Haus, um ihnen irgendwas anzudrehen.“ 

„Als kleiner Freelancer habe ich mit 50 Euro pro Stunde gestartet und nach und nach mein Stundenhonorar gesteigert. Aus dieser limitierenden Denkweise musste ich raus. Heute bin ich viel sicherer in Verkaufsgesprächen, weil ich weiß, welchen Wert ich anbiete.

Florian Schück, Gründer von Leadwerk

Diese Erfahrung hat auch Thomas Kemp gemacht, der von Max auf LinkedIn „sehr charmant“ angeschrieben wurde. Er hat mehr als 18 Jahre Erfahrung als SaaS-Experte und Copywriter. „Ich habe in Sachen Copywriting wirklich alles gemacht – von Anzeigen, über Websites bis hin zu Filmscripts“, erzählt er. Mit Hilfe von Movers and Makers hat er ein Programm entwickelt, mit dem er B2B Softwareunternehmen als Sparringspartner unterstützt, in kürzester Zeit funktionierende Inhalte für ihre Website zu erarbeiten.

Florian Schück betreibt die Online-Marketingagentur Leadwerk. Bevor er Max und die Movers and Makers kennenlernte, „habe ich alles angeboten – von Social Media Marketing bis SEO-Optimierung. Die Gefahr bei Dienstleistungen ist, dass man beim Kennenlerngespräch mit potenziellen Kund*innen bereits in ein Beratungsgespräch rutscht.“ Mit Max’ Hilfe schnürte er ein Starterpaket, spitzte seine Zielgruppe zu und verkaufte seine ersten Pakete. „Als kleiner Freelancer habe ich mit 50 Euro pro Stunde gestartet und nach und nach mein Stundenhonorar gesteigert. Aus dieser limitierenden Denkweise musste ich raus. Heute bin ich viel sicherer in Verkaufsgesprächen, weil ich weiß, welchen Wert ich anbiete. Ich versuche auch nicht mehr, einen potenziellen Kunden zu überzeugen – sondern ich finde raus, ob wir zusammenarbeiten wollen und ich ihm helfen kann“, sagt er. 

Theresa Sturm wiederum hat sich während ihrer Teilnahme bei den Movers and Makers mit ihrer Agentur Via Digital weiter auf Performance Marketing für LinkedIn spezialisiert. „Ich habe mich im August 2021 selbstständig gemacht und Max bereits im Oktober kontaktiert. Ich wollte nicht wie in der Anstellung mit Zeit gegen Geld weitermachen“, erzählt sie. Sie wollte weg von ihrem „Online-Marketing-Bauchladen“: „Ich bin dank Max viel spitzer aufgestellt, fokussiere mich auf LinkedIn-Kampagnen und meine Zielgruppe kommt aus dem HR-Bereich, weil ich weiß, wie man sie am besten anspricht.“ Inzwischen verkauft sie mehrmonatige Programme mit Videoanleitungen und Worksheets und hat ihre Preise erhöht. „Ich muss nicht immer wieder ein komplett neues Angebot erstellen, adaptiere sie für die Kunden nur leicht. Den meisten Kund*innen ist es egal, dass es keinen Stundensatz und Stundenkontingent gibt“, sagt sie. Na dann!

Hier geht es zur Webseite von „Movers and Makers“: www.moversmakers.eu

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