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Erinnerungen an Frithjof Bergmann: "Seine Energie, sein junger Geist und sein Erbe"

Autor: Nicole Thurn
Datum: 21.06.2021
Lesezeit: 
3 Minuten

Nachruf. Coworking-Salzburg-Gründerin Romy Sigl traf Frithjof Bergmann 2016 in Ann Arbour und führte mit ihm lange Gespräche. Daraus wuchs eine intensive Freundschaft, die sie nachhaltig prägte. 

Freundschaft kennt keine Altersgrenzen: Romy Sigl, damals 34, besuchte Frithjof Bergmann, damals 86, in Ann Arbour. In Berlin trafen sie einander zum Buchaustausch wieder - Frithjof Bergmanns Buch "Neue Arbeit - neue Kultur" gegen Romys Buch "Do what you love" für das er das Nachwort verfasst hatte (© Privat)

Wenn ich an Frithjof denke, kommen mir drei Dinge in den Sinn: seine Energie, sein junger Geist und sein Erbe. 

Seine Energie

Wenn ich Reise frage ich gerne meine Freunde via Facebook ob sie mir spannende Menschen nennen können, die ich treffen sollte. So war es auch als ich 2016, im Rahmen der „Young Transatlantic Innovation Leadership Initiative“ kurz YTILI auf eine sechs-wöchige Reise in die USA eingeladen wurde. Über Franz Nahrada* erfuhr ich von dem großen Philosophen Frithjof Bergmann, der seit 1982, dem Jahr als ich geboren wurde, über Neues Arbeiten nachdenkt, schreibt und Projekten wie zB auch „Urban Gardening“ einen Namen gibt. Dass er in jungen Jahren in Princeton mit Albert Einstein befreundet war, erfuhr ich erst viel später.

Zu meinem Erstaunen rief mich der Philosoph wenige Stunden später an. Franz Nahrada hatte freundlicher Weise meine Telefonnummer weiter gegeben und wir trafen uns in Ann Arbor, wenige Kilometer von meiner Gastfamilie in Detroit, entfernt. Wir, du kannst ihre Stimmen auch im Interview hören, das waren die ebenso am YTILI Programm teilnehmende Künstlerin Feyrouz Ashoura, die Musikerin Alana Hubbell aus meiner Gastfamilie und ich. Gepusht vom Abenteuer Leben kamen wir mit einem hohen Energielevel bei Frithjof an – der nahm diese auf, wirbelte sie mit seiner lustigen und weisen Rhetorik durch die Luft und vervielfachte sie, sodass sie bis zum heutigen Tage, fünf Jahre und tausende Eindrücke später, intensiv in meiner Erinnerung geblieben ist. Wir haben lange Gespräche über die Neue Arbeit und vieles mehr geführt, die ich als Interviewreihe auf YouTube veröffentlicht habe: YouTube-Interview von Romy Sigl mit Frithjof Bergmann

Sein junger Geist

Berauscht von diesem Erlebnis blieben wir für viele Monate in Kontakt und trafen uns im Jahr 2017 ein letztes Mal auf einem Campingplatz in Berlin, wo er mir klar machte, dass Campingplätze die spannenderen Menschen beherbergen und das Alter nur eine Zahl sei: „Mit meinem Nachbarn hier unterhalte ich mich über Quantenphysik.“

Frithjof war mir gegenüber ein liebevoller Stalker und Dramatiker. Niemand interessierte sich so sehr für alles, was ich auf meinen Social Media Kanälen teilte, wie er. Das bemerkte ich, als er einmal sagte, „dir zu folgen ist tagesfüllend“.

Wir kommunizierten über die Kontinente hinweg, wie es dem damals 86-Jährigen NEW WORK Pionier entsprach: via Email, Skype und Facebook. Die jugendliche Leichtigkeit mit der er sein Lebenswerk bis ins hohe Alter mit intensivster Leidenschaft verfolgte, beeindruckt mich nachhaltig.

Romy Sigl im Jahr 2016 bei Frithjof Bergmann in Ann Arbour (©Privat)

Frithjof Bergmann verfasste seine Emails an Romy Sigl grundsätzlich in GROSSBUCHSTABEN, was allem Geschriebenen, in Romys Wahrnehmung, eine liebevolle Wichtigkeit verlieh. 

Sein Erbe

Diese Zeilen verfasste ich nach unserem letzten Treffen in Berlin als Brief an mein damals noch ungeborenes, aber lebhafte Fußtritte sendendes Kind Matheo.

Hallo Matheo!

Letzte Woche sind wir zum ersten Mal gemeinsam geflogen. Du als blinder Passagier sozusagen. Wir haben ein paar Tage in Berlin verbracht, um einen Freund zu treffen. Frithjof Bergmann. Ich bin schon gespannt, was in den Geschichtsbüchern über ihn stehen wird, wenn du später über ihn recherchierst. Stell dir vor, er denkt über das, was ich seit 2012 mache, „Neues Arbeiten, Coworking, Freiheit, das tun, was man wirklich, wirklich will im Leben“, schon seit 1984 nach und war mit Albert Einstein befreundet. Er hat ein Nachwort für unser Buch verfasst, in dem er erklärt, dass CoworkingSalzburg die praktische Anwendung seiner Theorien ist. Wow, das hat mich umgehauen. Wir haben unsere Bücher ausgetauscht. Weißt du, das ist der Beweis, dass all das Investment in CoworkingSalzburg wertvolle Pionierarbeit ist.

Seit ich ihn kenne, denke ich anders über das Altwerden. Der Professor ist 86 Jahre alt. Es ist für ihn kein Problem, seit einem Monat auf einem Campingplatz in einem kleinen Bus zu leben. Intelligenz und Energie, die er ausstrahlt, beeindrucken mich sehr. Ich glaube nun, dass Altwerden auch schön sein kann, nämlich dann, wenn man weiß, warum man auf der Welt ist.

Danke Frithjof Bergmann, dass du wie niemand sonst an uns Menschen geglaubt hast und uns dein Konzept von einem friedlichen Zusammenleben hinterlassen hast!

* Franz Nahrada kenne ich über meinen Mentor Harald Katzenschläger, den ich dort traf ,wo viele gute Dinge ihren Anfang nahmen: im Sektor5 Coworkingspace in Wien.

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Beitrag von Nicole Thurn

ist Herausgeberin von Newworkstories.com, New-Work-Enthusiastin und langjährige Journalistin mit einem kritischen Blick auf die neue Arbeitswelt.

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