Robot Recruiting automatisiert die Bewerbersuche- und auswahl in Zukunft. Für Personalvermittler wird es in Zukunft eng – disruptive Start-ups greifen sie an.
"Das ist toll! Sie entsprechen den Anforderungen des Jobprofils", schreibt Mya enthusiastisch. Bewerber Daniel hat grünes Licht, mit seiner Managementerfahrung von drei Jahren ist er ein vielversprechender Kandidat für den Job. Mya arbeitet nicht etwa in der HR-Abteilung des Konzerns, der Führungskräfte sucht. Mya ist ein Chatbot. Und sie wurde gemacht, HR-Teams Arbeit abzunehmen.
So wie Mya, digitales Geschöpf des Start-ups Firstjob mit Sitz im versuchen auch andere digitale Dienstleister derzeit, in den Recruiting-Markt vorzudringen. Firstjob hat etwa eine Matching-Plattform für Universitäts-Absolventen und Jobs und Praktikastellen in Unternehmen.
Auch diverse andere Start-ups setzen auf cloudbasierte Software-Lösungen und Algorithmen, um Bewerber und offene Stellen perfekt zu matchen. Die Plattform Experteer etwa vermittelt Kandidaten und Jobs in Europa und den USA – 8000 Unternehmen und 10.000 Personaldienstleister sind registriert. Der Anbieter Workable bietet umfassendes digitales Recruiting in Europa und den USA - von Active Sourcing über Bewerber- bis Team-Management. Per Applicant Tracking System können Bewerberströme genau analysiert und gelenkt werden.
Xing hat soeben mit XING E-Recruiting 360° seine digitalen Recruiting-Services zu einem neuen Gesamtpaket für Unternehmen zusammengefasst. Jobanzeigen können per Flatrate unbegrenzt freigeschaltet werden, mit dem TalentManager können Kandidaten aktiv angesprochen werden, der EmpfehlungsManager verwaltet Empfehlungen der Mitarbeiter für passende Bewerber. Auf Xing und kununu können über das Employer-Branding-Profl auch die Arbeitgebermarken positioniert werden.
Das Wiener Start-up Talent Solutions hat mit myVeeta einen Bewerbungs-Manager entwickelt, der Bewerbungen und Lebensläufe per Klick auf Laptop oder Smartphone verwaltbar macht. Für Unternehmen bietet man ein maßgeschneidertes digitales Talente-Netzwerk, in dem Recruiter mit potenziellen Bewerbern Kontakt halten können.
Weitere Matching-Plattformen sind Instaffo.com, ein Start-up aus dem deutschen Heidelberg, und Jobrocker.at, ein Wiener Unternehmen. Das Besondere an beiden Plattformen: sie wollen Personalberater hierzulande ersetzen.
Instaffo etwa nützt den Persönlichkeitstest Myers-Briggs, um Kandidaten nicht nur nach Fachkompetenzen, sondern auch nach sozialen und intrapersonellen Eigenschaften passend auszuwählen. Angesprochen sind vor allem Führungs- und Fachexpertenpositionen. Für Unternehmen ein Schäppchen: 2800 Euro kostet eine Jahresmitgliedschaft, 6000 Euro werden bei erfolgreicher Stellenbesetzung fällig - ein Bruchteil dessen, was ein Headhunter verlangt. (das sind oft 20-30 Prozent des Jahresbruttogehalts des vermittelten Bewerbers). Jobrocker bietet neben Algorithmen auch persönliches Briefing und Prüfung der Bewerber durch erfahrene Headhunter an. Die erfolgreiche Stellenbesetzung kostet dann in der Regel 5000 Euro, egal wie hoch die Jobposition ist.
Jobrocker ist noch in der Aufbauphase. Wie erfolgreich solche Start-ups sind, hängt vorerst davon ab, ob sie zahlungskräftige Investoren finden. Tatsache ist aber: Immer mehr digitale Tools drängen auf den Recruiting-Markt. Sie automatisieren nicht nur Routineprozesse wie das einfache Bewerbermanagement. Tools helfen auch immer mehr dabei, die richtigen Bewerber auszuwählen.
Telefonier mit K.I.
So ist Precire.com darauf angelegt, die Persönlichkeit eines Bewerbers zu analysieren - nur mit einem 15-minütigen telefonischen Interview. Der Bewerber spricht mit Künstlicher Intelligenz, die wiederum seine Sprachmuster analysiert, diese mit tausenden wissenschaftlich fundierten Referenzdaten abgleicht und dann ein Persönlichkeitsprofil erstellt. Abgeleitet von der Sprachwahl - ob wir pointiert oder langwierig sprechen, eher positive oder negative Ausdrücke verwenden - wird auf die Einstellungen, die Motive, sogar Fähigkeiten und Talente dieser Person geschlossen. Sogar blinde Flecken werden aufgedeckt, verspricht das deutsche Unternehmen Precire Technologies.
Der intelligente Algorithmus des Crystal knows schließt über die Social-Media-Aktivitäten von Usern auf ihr Kommunikations- und Sprachverhalten und schlägt vor wie man sie am besten per Mail anschreibt. Dem liegt das Persönlichkeitsmodell DISC zugrunde.
Solche Tools können dabei helfen, die "richtigen" Bewerber frühzeitig zu erkennen und auszuwählen, sie sind somit auch für Personalvermittler und -berater sinnvoll.
Dass die klassische Personalvermittlung künftig zum Großteil ersetzt wird, lässt sich dadurch aber wohl auch nicht vermeiden. Experten gehen davon aus, dass aber Executive Search, also die Personalsuche auf Topmanagement-Level, sehr wohl weiterhin die persönliche Ansprache durch Headhunter benötigt. Ein Wermutstropfen für die Personaldienstleister.
Mya jedenfalls möchte in Zukunft den kompletten Recruitingprozess übernehmen. In zehn Jahren ist es wohl keine Science Fiction mehr und wir werden vermutlich von Algorithmen ausgewählt, von Chatbots eingestellt, und von Robotern und Augmented-Reality-Programmen eingeschult - wenn unser Job nicht schon ohnehin von einem Roboter gemacht wird.