© Kimble Applications
kimble-applications

Belastende Arbeit: Kommt, lasst uns reden

Kategorie:
Autor: Nicole Thurn
Datum: 25.06.2020
Lesezeit: 
5 Minuten

Kommunizieren will gelernt sein - gerade auch im Home Office. Warum wir mehr über die Arbeit reden sollten, erklärt Sean Hoban, Mitgründer und CEO von Kimble Applications, in seinem Gastbeitrag. 

Kommunikation ist ein zentraler Bestandteil jedes Unternehmens. Meistens wird dabei allerdings ein großes Augenmerk auf die externe Kommunikation gelegt und die interne Kommunikation zwischen Management und Mitarbeiter*innen vernachlässigt. Im Fokus steht oft nicht die Optimierung des Umgangs untereinander, sondern die Entwicklung einer gut durchdachten Außenwirkung. Doch diesen Fehler sollten Führungspersönlichkeiten nicht machen, denn so wichtig eine ordentliche Fassade des Unternehmens ist, erlangt diese ihre Stabilität nur durch das innere (Firmen-)Gerüst. Schlechte interne Kommunikation im Team kann zu großer Verunsicherung der Mitarbeiter*innen führen und nicht zuletzt zu Ineffizienz und Mehrarbeit. Die Arbeit im Homeoffice, die durch die coronabedingten Beschränkungen Einzug in den Arbeitsalltag erhalten hat und auch in letzter Zeit noch notwendig ist, hat auch in dieser Beziehung Unternehmen vor eine große strategische Herausforderung gestellt. 

Warum Kommunikation über die Arbeit schwierig sein kann

Die Digitalisierung der Arbeitswelt, die nicht nur das Arbeiten im Homeoffice ermöglicht, sondern jegliche Prozesse in Unternehmen beeinflusst, schafft nicht nur diverse neue Möglichkeiten, sondern oft auch Unsicherheit und höhere Komplexität am Arbeitsplatz. Kommunikation findet auf viele verschiedene Art und Weisen und auf diversen digitalen Wegen statt. Nicht zuletzt verändern sich Tools, Arbeitsschwerpunkte und (Fach-)Sprache in einem digitalen Arbeitsumfeld. Ständig stehen Führungspersönlichkeiten vor der Aufgabe ihr Unternehmen der sich ständig wandelnden Situation anzupassen. Das stellt eine große Herausforderung dar, insbesondere in Situationen, in denen die technologische Entwicklung rasant voranschreitet. Zur Lösung all dieser “dornigen Chancen” spielt Kommunikation eine essentielle Rolle. 

Kommunikation über Hierarchien hinweg, mit Angestellten und innerhalb des Managements, ist eine grundsätzliche Herausforderung im Unternehmen. Problematisch ist dabei vor allem die Informationsasymmetrie - es ist nicht möglich, das Arbeitsverhalten anderer ständig zu überwachen. Mitarbeiter*innen können Anreize verspüren, die geleistete Arbeit besser darzustellen und Misserfolge zu verschweigen; Vorgesetzte wiederum,  ihren Mitarbeiter*innen eigene Fehler aufzubürden und aufgrund fehlenden Vertrauens den Leistungsdruck zu erhöhen. Emotionen auf der persönlichen Ebene, schlechte interne Abstimmungsprozesse und fehlende Zusammenarbeit auf der strukturellen Ebene spielen eine zentrale Rolle in diesen Situationen. Sie führen zu ineffizienter Kommunikation, die durch soziale Erwünschtheit verzerrt wird oder sogar zu fehlender Kommunikation, was der Firma erheblich schadet. 

Vor allem das Ansprechen von unangenehmen Themen, Unzufriedenheit und Fehlern stellt eine ständig wiederkehrende Herausforderung dar und sollte mit großer Vorsicht und Rücksicht geschehen. Im Zweifelsfall sollten persönliche Fehler immer lieber in einem Vieraugengespräch angesprochen und positiv geframed werden. Für die meisten Menschen ist die Aufnahme von Kritik keine leichte Sache und negativen Folgen, wie Misstrauen und Ärger, kann am besten mit Offenheit und Verständnis entgegengewirkt werden. Neben Teammeetings, die meist  für strukturelle Planung und die Verteilung von Aufgaben genutzt werden, sollte es auch Möglichkeiten der Rücksprache in Kleingruppen, persönlichen Gesprächen oder im Mail- oder Chatverkehr geben. Retrospektiven schaffen zudem wichtige Erkenntnisse, um zukünftiges Arbeiten zu optimieren: Die Teammitglieder bewerten die bisherigen Schritte und leiten daraus Maßnahmen zur Verbesserung ab. Ziel ist stets das Lernen aus der Vergangenheit. 

Die räumliche Distanz bei der Arbeit im Homeoffice erschwert die Kommunikation zusätzlich. Vielen Mitarbeiter*innen ist in letzter Zeit bewusst geworden, wie wertvoll kurze Konversationen im Büro für die Effizienz der Arbeit bisher waren. Covid-19 hat der technologischen Entwicklung in Sachen Home Office einen Schub verpasst und gezeigt, dass es vielerorts möglich ist, remote zu arbeiten. Eine effektive Nutzung der digitalen Tools ist evident: Videokonferenzen erlauben ein Mindestmaß an persönlicher und visueller Interaktion. Für die gemeinsame Arbeit in neuen Programmen, sowie persönlichen Workshops, hat sich das gleichzeitige Screen-Sharing als sehr hilfreich erwiesen. 

Kulturkiller: Misstrauen und Lästereien

Sobald mehr als eine Person in einem Unternehmen oder für ein Projekt arbeitet, muss Arbeit aufgeteilt werden. Schlechte Kommunikation durch nicht eindeutige Aussagen und unklare Ausdrucksweisen kann zu Missverständnissen führen und im schlimmsten Fall zu doppelter oder falsch ausgeführter Arbeit. Die Basis für eine effiziente Aufteilung der Arbeit kann nur durch effektive Kommunikation sichergestellt werden, auch wenn Mitarbeiter on remote zusammenarbeiten. Nicht zuletzt ist dafür eine positive Arbeitsatmosphäre im Unternehmen wichtig. Konflikte sind dabei ein entscheidender Faktor. Sie treten immer auf, wenn Menschen miteinander interagieren. Ein gutes Team-Management sollte Konflikte nicht aus dem Weg räumen, sondern lösen. Teil einer positiven Kommunikationsstrategie ist es, negative Emotionen abzuleiten und zu verbalisieren, bevor sie zu richtigen Konflikten heranwachsen können.

Jeder Person im Unternehmen wird dabei die Aufgabe zuteil, das eigene Verhalten zu reflektieren und eigene Erwartungen vor dem Hintergrund der gegebenen Situation zurückzustellen. Auch sollte die Bewertung (Interpretation) des Verhaltens von Kolleg*innen verhindert werden. Sie führt oft zu Einschätzungen, die mehr über die eigene Persönlichkeit als über die Beweggründe anderer offenbaren:

Warum spricht mein Kollege nicht mit mir? Er mag mich bestimmt nicht. Warum bekomme immer ich die schwierigen Aufgaben? Meine Chefin behandelt mich immer so ungerecht. Durch ehrliches Nachfragen und eine selbstreflektierte Darstellung eigener Gefühle können solche Fehleinschätzungen im Gespräch korrigiert werden. Kaum etwas schadet dem Unternehmen mehr als Misstrauen, Lästereien und Verschlossenheit innerhalb des Teams. 

Warum gute Kommunikation so wichtig ist

Erfolgreich arbeiten ist nur möglich, wenn man als Team effizient arbeitet und kommuniziert. Dazu zählt beispielsweise unliebsame und beliebte Aufgaben gerecht aufzuteilen und dabei persönliche Stärken, Schwächen und Vorlieben der einzelnen Teammitglieder einzubeziehen. Diese Einschätzung kann nur auf ehrlicher Kommunikation beruhen.

Das Verbalisieren von Problemstellungen hilft eigene Denkbarrieren zu überwinden und neue Ideen zu generieren. Kreativität entsteht durch den Wechsel des Blickwinkels und ist leichter zu erreichen, wenn eine andere Person ihren Input einbringt. Gerade außenstehende Personen können häufig neue, innovative Denkanstöße forcieren. 

5 Tipps für richtig gute Kommunikation 

Gute Kommunikation startet bei der persönlichen Einstellung und ist dadurch ein sehr schwieriger Prozess. Häufig wird die Verantwortung für Probleme bei anderen gesucht. Dadurch verändert sich jedoch gar nichts, wenn alle genauso denken.

Offenheit

Mitarbeiter*innen und Führungspersonen gleichermaßen sollten gegenüber sich selbst offen sein. Es gilt, ständig zu reflektieren, was die momentanen Gefühle sind und warum sie entstehen - sich nicht von diffusen Emotionen leiten zu lassen. Ehrlich zu sein, kann aber auch bedeuten zuzugeben Emotionen zu haben. Es ist deutlich einfacher, sich in Kolleg*innen hinein zu versetzen, wenn man ehrlich über Schwächen sprechen kann. Auch und vor allem als Führungsperson. Nobody is perfect!  

Offenheit impliziert auch, sich bewusst zu werden, wie häufig man Situationen und Personen subjektiv bewertet. Es ist keinem geholfen aus dem Glauben heraus zu handeln eine Kolleg*in möge einen nicht, weil sie anscheinend mehr mit anderen Personen kommuniziert und interagiert. Eine freundliches Gespräch zu starten, kann dabei schon viel verändern - nicht alles muss sich immer um die Arbeit drehen. 

Eindeutigkeit

Kommunikation kann ebenso an unklaren Aussagen scheitern, insbesondere auch dann, wenn Mitarbeiter sich nicht im selben Büro befinden. Es ist äußerst wichtig, Dinge klar zu kommunizieren und den Raum für Interpretationen so zu minimieren. Eine Absprache, die unterschiedlich aufgegriffen wird, bringt keinen Mehrwert für die Zusammenarbeit. Durch klare Kommunikation können Missverständnisse aus der Welt geschafft werden. Unmittelbar damit verknüpft ist es eine respektvolle Atmosphäre zu schaffen, in der Unklarheiten mitgeteilt werden können.

Respekt

Ein respektvoller Umgang ist Grundvoraussetzung für jede Zusammenarbeit. Kommunikation sollte stets auf Augenhöhe stattfinden und jede Person wertgeschätzt werden. Gerade Führungspersonen können dazu neigen durch einen aggressiven Führungsstil ihre Position untermauern zu wollen, was eigentlich ein Zeichen von Angst vor Autoritätsverlust ist. Eine freundliche Koordinierung und Anleitung von Angestellten gehört zu den Aufgaben von Führungspersonen. Auch Mitarbeiter*innen können mit respektvollem Verhalten sich selbst und dem Unternehmensklima helfen.

Zuhören

Kommunikation funktioniert nur in zwei Richtungen. Zuhören ist ebenso elementar, wie sich mitzuteilen. In einem Gespräch ist das Zuhören mehr als nur nicht-reden. Der/dem Gesprächspartner*in sollte durch Interesse und konstruktives Nachfragen signalisiert werden, dass jeder Beitrag wichtig ist. Es ist hochgradig demotivierend und ungerecht Kolleg*innen wiederholt zu unterbrechen. 

Fehler eingestehen

Eine der schwersten Aufgaben in der Kommunikation ist das Eingestehen von Fehlern. Es fordert Mut und Stärke sich vor Kolleg*innen zu entblößen und die Verantwortung für einen Irrtum zu übernehmen. Doch dieser Schritt kann dem ganzen Team helfen sich zu verbessern und wiederum effizienter zu arbeiten. Entgegen dem Gefühl ist es ein Zeichen von Stärke Fehler zu kommunizieren und ein Zeichen von gutem Teamwork diese gemeinsam zu beheben.

Ein Team arbeitet vor allem dann effizient, wenn ein gemeinsames Ziel verfolgt wird. Wenn die gemeinsame Aufgabe und nicht die eigene Karriere im Fokus der Arbeit steht, ist es möglich sich gegenseitig zu unterstützen, Fehler einzugestehen und Freude an der Arbeit zu entwickeln. Führungspersonen können mit guter Kommunikationsleitung sowie als Vorbild für Gesprächsführung in der Unternehmensorganisation ihr Unternehmen stärken und gegenüber Herausforderungen der modernen Arbeitswelt wappnen - und das ist durch die durchdachte Nutzung von Videokonferenzen, Screen-Sharing und anderen Tools auch im Homeoffice möglich. 

Über den Autor

Sean Hoban ist Mitgründer und Geschäftsführer des Software-Anbieters Kimble Applications und verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in der IT-Beratung. Gemeinsam mit Mark Robinson und David Scott gründete Sean Hoban 2010 Kimble, um Prozesse in projektbasierten Unternehmen sowie die Zusammenarbeit und Effizienz von Teams zu optimieren. Kimble fokussiert als laut eigenen Angaben einziger führender Software-Anbieter ausschließlich auf die Automatisierung von Prozessen in Dienstleistungsunternehmen (PSA= Professional Services Automation). Der Hauptsitz mit mehr als 120 Mitarbeitern ist in London, weitere Niederlassungen gibt es in Deutschland und den USA.  

Avatar-Foto

Beitrag von Nicole Thurn

ist Herausgeberin von Newworkstories.com, New-Work-Enthusiastin und langjährige Journalistin mit einem kritischen Blick auf die neue Arbeitswelt.

Weitere Beiträge
Freiräume: Wer Neues will, lässt Altes weg
Die (Un)Conference Freiräume widmet sich am 10. und 11. Juni in der Grazer Seifenfabrik mit interaktiven Formaten dem Weglassen in Unternehmen. Mit dabei ist die GenZ: Unternehmen können Tickets für junge Menschen sponsern.
Workation im Winter-Chalet: Wenn Gemütlichkeit auf Fokus trifft
Arbeiten mit Entspannung: das geht auch im winterlichen Österreich. Im INNsHolz Chalet-Dorf lässt es sich gleichzeitig entspannen und auf das Buchprojekt fokussieren.
K.I.olumne: Zwischen Utopie und Realität - Die Ambivalenz der New Work Trends 2024
Hier schreibt ChatGPT über seine Meinung und Perspektive zur neuen Arbeitswelt.
hopp rauf
magnifiercross